Der wollte nicht nur spielen!

 Manche Tage sind so schlimm, so grotesk und so unverständlich, dass man es kaum in Worte fassen kann.Wir hatten Phili für ein paar Tagen im Haus gehalten, weil wir für heute mittag einen Termin bei einer „Katzenflüsterin“ hatten, die mir von einer Kollegin empfohlen  worden war. Uns hat ja seit Monaten die Frage beschäftigt, warum Phili so selten zu Hause war und weshalb sie, wenn sie da war nur ständig vor sich hin gegrummelt hat. Irgendwie hatte sich ein Schleier von Traurigkeit und Melancholie über unsere kleine Zaubermaus gelegt, von dem wir sie gern befreien wollten.

Ja, sie war sehr freiheitsliebend, aber sie schien uns auch zunehmend von einer inneren Unruhe getrieben zu sein, die sie oft von Orten wegführte, an denen sie sich eigentlich wohlfühlen schien. Etwa auch dem Nachbarshund Jaro, mit dem sie so gern gekuschelt hat.

Da wir einen Termin mit der Katzenflüsterin vor mehreren Wochen schon mal abgesagt hatten, weil Phili an dem Tag nicht gekommen war, schien es uns sicherer, sie für ein paar Tage im Haus zu behalten. Wir sind dann Morgens und Abends mit ihr an der Leine spazieren gegangen, was sie sehr genossen hat. Mitunter sind auch die beiden anderen ohne Leine gefolgt, was überraschender Wiese ohne Probleme geklappt hat. Aber das Spazierengehen mit Geschirr hatte sie ja auch als kleine Zaubermaus bereits gelernt.

Gestern war nun ein schöner Tag, ideal für ein bisschen Gartenarbeit. Damit Phili auch etwas von dem schönen Wetter hatte, wurde sie an einer 10 Meter langen Leine am Kirschbaum mitten im Garten festgebunden.

So konnte sie fast jeden Platz im Garten erreichen und so hat sie sich dann in den Schatten gelegt und geschlafen, Mittags hat sie sich noch über ein Schälchen Quark hergemacht. Putzig, niedlich und beliebig, wie ein Sommertag so mitunter ist, wenn man Urlaub hat. Man amüsiert sich noch über das quarkbeschmierte Schnäuzchen, macht ein Foto…

Quarkmäulchen
Unvermittelt hat sich der Hund vom Grundstück schräg hinter uns losgerissen und ist auf unser Grundstück gesprungen. Auch zu diesem Zeitpunkt keine als bedrohlich wahrgenommene Situation eigentlich, da wir Hund und Herrchen kannten. Und obwohl es ein Jagdhund war, schien er uns bis zu dem Zeitpunkt eigentlich als liebes Tier. Also hat meine Frau ihn auch erst einmal angesprochen.Er ist dann unvermittelt auf Sookie zugestürzt, die sich aber mit einem beherzten Sprung in Sicherheit bringen konnte. Phili hingegen hatte an ihrer Leine keine Chance zur Flucht. Er hat sie im Bauch gepackt und geschüttelt und nicht mehr losgelassen.Meine Frau hatte – da er auch kein Halsband umhatte – keine Möglichkeit ihn zu packen oder ihn von Phili zu trennen und hat geschrien wie am Spieß.

Von unseren Nachbarn, die bedingt durch die modern geschnitten Grundstücksgrößen, im Sommer eigentlich ständig auf Tuchfühlung sind, ist im entscheidenden Moment leider niemand hilfreich beigesprungen.

Als ich hinzukam – ich hatte meine Mutter zu dem Zeitpunkt zum Augenarzt gefahren und danach zu einem Kontrolltermin ins Krankenhaus – war bereits alles zu spät. Der Nachbar holte seinen Hund bereits aus unserem garten, meine Frau Schrie „Phili ist tot!“

Ich habe noch versucht, sie über die Nase zu beatmen, dann sind wir mit der wahrscheinlich bereits toten Phili zum Tierarzt gefahren, nachdem wir ihn telefonisch aus seiner Mittagspause geklingelt hatten.

Wie immer in solchen Situationen gibt es überraschende Baustellen,Sperrungen, Umleitungen, viele Ampeln und – wir sind halt Feriengebiet – Wohnwagenfahrer die den Weg zum Campingplatz nicht finden…

In der Praxis angekommen, hatte die Leichenstarre bereits eingesetzt.

Wieder zu Hause haben wir Sookie gründlich inspiziert, die glücklicher Weise körperlich unverletzt geblieben war. Anfassen lassen wollte sie sich auch von uns anfangs nicht. Meredith, die alles mit angesehen hatte, starrte starr auf den Rasen, wo noch Philis Fellbüschel lagen.

Später Abends sind wir noch in die Notaufnahme gefahren, denn meine Frau hatte ebenfalls ein paar Schrammen und eine kleine Bisswunde abbekommen, die sie in der ersten Schrecksituation gar nicht bemerkt hatte, und für die ein Antibiotikum angezeigt war.

Abends lag Sookie auf der Decke in meinem Arbeitszimmer, auf der Philli immer gelegen hatte, einen Platz, den sie vorher noch nie benutzt hatte.

So ist das, wenn man seinem lieben Haustier eigentlich etwas Gutes tun will, und wenn man denkt, der eigene Garten sei ein sicheres Plätzchen.